Jürgen Schenk kaufte vor
drei Jahren ein Haus in Látrány, um mit seiner Familie und mit seiner
Firma nach Ungarn umzusiedeln. Er erzählt, daß er bei der Einholung der
Genehmigungen sämtliche Qualen eines nicht über Ortskenntnisse
verfügenden Ausländers durchmachte. Nach einer Schule für seine Kinder
schaute er sich letztendlich umsonst um, seine Familie schreckte vor den
Schwierigkeiten zurück. Er allerdings war der Meinung, daß er seine
Erfahrungen in Ungarn in verschiedene Richtungen nutzen kann. Unter
Beibehaltung seiner deutschen Firma für Wertbestimmungen, gründete er
mit Firmensitz in Fonyód eine Stiftung und eine Firma für die
Vermittlung zwischen den Immobilien kaufenden Ausländern und den Ungarn.
Auf westliche Daten gestützt, meint er, daß hier im Lande bereits 26.000
Deutsche eine Wohnung besitzen.
Seines Wissens nach kamen
die bisher gegründeten und sich um die Lösung der Probleme von
Ausländern bemühenden Vereine alle unter Leitung von
Immobilienvermittlern oder Reisebüros zustande, wo also die
Mitgliedschaft gleichzeitig auch ein Geschäft für die Hauptorganisatoren
darstellt. Die von ihm geschaffene Stiftung ist die erste
Nonprofit-Organisation auf diesem Gebiet, deshalb rechnet er mit einer
hohen Mitgliederzahl: einen Monat nach der Gründung hat die Stiftung
bereits 106 Mitglieder.
Den Erfahrungen seines
Büros zufolge klagen in der Mehrheit die deutschen Immobilieneigentümer
über hohe Gebäudesteuern, während sich die Bürgermeisterämter über
die Ausländer beschweren, die keine Steuern zahlen. J.Schenk meint, daß
die durch die Ausländer kritisierten hohen Steuern in keinem Falle als
diskriminierend bezeichnet werden können, denn mit diesen hohen Steuern
werden auch die ungarischen Ferienhausbesitzer belegt. Lediglich die
ortsansässigen Ungarn genießen Vergünstigungen. Seiner Meinung nach
wird allerdings das Prinzip der gleichen Behandlung dadurch verletzt, daß
in manchen Orten Gebäudesteuern in Höhe von 300 Ft, in anderen Orten von
900 Ft pro Quadratmeter festgelegt werden. Nach einigen Erklärungen
verstehen diejenigen, die sich an sein Büro wenden, daß auch die
Ausländer, die aufgrund des Steuerabkommens zur Vermeidung von doppelter
Steuerzahlung anderswo nicht besteuert werden können, in bestimmter Weise
zu den gemeinsamen Ausgaben eines Ortes ihren Beitrag leisten müssen.
"Worüber man in dieser Frage streiten könnte, ist die Tatsache,
daß es Bürgermeistämter gibt, die auf sehr eigenwillige Weise die
Steuern festlegen und Begründungen aufführen, die von uns so nicht
akzeptiert werden können.", sagt Jürgen Schenk. Er hielt es zum
Beispiel für übertrieben, daß in einer Balatoner Gemeinde die
Eigentümer einer leeren Immobilie in desolatem Zustand 84.000 Ft
Gebäudesteuern zahlen mußten. In solchen Fällen sucht er die
Bürgermeisterämter auf und versucht, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Ein weiteres großes
Problem ist die Tatsache, daß Ausländer von ungarischen Dienstleistern
und Meistern oft übers Ohr gehauen weren. Deshalb fertigt die Stiftung
unter Mithilfe seiner Mitglieder und der Bürgermeisterämter eine Liste
über vertrauenswürdige Dienstleistungsfirmen und eine über
Dienstleister an, die man meiden sollte.
In der Provinz kann ein
ausländischer Immobilienkäufer seine Angelegenheiten oft nur unter
mehrmaligen Aufsuchen der entsprechenden Stellen und in der Weise
erledigen, daß ihm keine beglaubigten Übersetzungen oder entsprechenden
Dolmetscher zur Verfügung stehen. Diesen Mangel möchte die neue Firma
des Herrn Schenk, die Europa Kft., beheben.
Das Verstehen der Briefe
und Mahnungen von Dienstleistern, Bürgermeisterämtern stellt ebenfalls
oft ein Problem dar, um Hilfe wird aber auch bei Gesprächen mit
Hausmeistern oder Nachbarn gebeten. Den Erfahrungen der Europa Kft.
zufolge bemühen sich immer mehr Bürgermeisterämter, die örtlichen
Verordnungen ins Deutsche zu übersetzen, da die schlechte
Steuerzahlungsmoral ein allgemeines Problem ist und man meint, so besser
auf die Eigentümer einwirken zu können. Die Mahnung eines Ausländers
ist von Seiten der Ämter ziemlich kompliziert, denn der Bürgermeister
darf sie nur über die Verwaltungsbehörde, über das Innen- und
Außenminsterium brieflich kontaktieren. Hierbei könnte die Stiftung in
der Weise helfen, daß sie die Übermittlung der Mahnungen, bzw. die
Abwicklung der Korrespondenz durch eine sofortige Übersetzung in die
gewünschte Sprache übernimmt.
Die Eintreibung der
Fremdenverkehrssteuern bei den Ausländern ist noch schwieriger als bei
den ebenfalls eine schlechte Zahlungsmoral an den Tag legenden ungarischen
Staatsbürgern. Die Bürgermeisterämter wissen, daß viele deutsche
Immobilienbesitzer ständig Zimmer vermieten, Bekannte unterbringen, von
denen sie bei Kontrollen behaupten, es seien nahe Verwandte, weil
letzteres sie von der Begleichung der Kurtaxe enthebt. Die Stiftung
versucht, bei diesem Problem mit der Ausbildung von Kontrolleuren bei den
Bürgermeisterämtern zu helfen, damit diese lernen, mit ausländischen
Dokumenten umzugehen. – Zu den Plänen von Jürgen Schenk gehört auch,
das Eintreiben der Kurtaxe im gegebenen Falle von Angestellten seiner
Firma ausführen zu lassen, um den Bürgermeisterämtern zu beweisen, daß
man das viel wirkungsvoller als bisher durchführen kann. Der deutsche
Geschäftsmann meint, daß die Menschen in Ungarn das Gefühl haben, die
Führungskräfte der Gemeinden wollen aus irgendeinem Grunde diese Frage
nicht so richtig anfassen. In deutschen Feriengebieten ist es zum Beispiel
unvorstellbar, daß Ortsansässige von ihren Bekannten die Kurtaxe
eintreiben – am Balaton aber ist das allgemein üblich.
Nach zwei Jahren
Erfahrungen hier im Lande weist Herr Schenk die Anschuldigungen zurück,
daß Ausländer in der Mehrheit schwarz arbeiten lassen. Es ist eher so,
daß die ungarischen Handwerker die Ausländer als Kuh anschauen, die
gemolken werden sollte. In den wenigsten Fällen geben die Handwerker eine
Rechnung über ihre Arbeit. Herr Schenk ergänzt noch, das Ausländer-
wenn sie keine Firma haben - nicht unbedingt eine Rechnung brauchen, weil
sie die Mehrwertsteuer nicht zurückfordern können. "Trotz aller
Beschwerden fühlen wir Deutschen uns wohl in Ungarn", sagt Herr
Schenk. Bisher kennt er nur einen Deutschen, der seine Immobilie verkaufen
möchte, dieser will aber nicht weg von Ungarn.
Török Tünde – Népszabadság
- Ein Service der Balaton
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